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Universität Leipzig: Nachrichten

Bereich: Forschung, PersonaliaSachgebiet: Geschichte, Gesellschaft, Politik, Theologie/Religion

Religionswissenschaftler Hubert Seiwert verabschiedet sich in den Ruhestand

 

Prof. Dr. Hubert SeiwertFoto: Sebastian Prill

Nach zwanzig Jahren als Professor für Allgemeine und Vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Leipzig geht Prof. Dr. Hubert Seiwert Ende dieses Semesters in den Ruhestand. Während seiner Zeit am Institut hat der heute 65-Jährige den Fachbereich, wie auch die Universität Leipzig insgesamt, entscheidend mitgeprägt. In seinem ersten Forschungsprojekt als emeritierter Professor befasst er sich mit dem Kult der mythischen Urkaiser in China.

Seiwert studierte an der Universität in Bonn Religionswissenschaft, in den Nebenfächern Politikwissenschaft und Sinologie. Die Beschäftigung mit der Kultur und Religionsgeschichte Chinas einerseits und das Spannungsverhältnis von Politik und Religion andererseits wurden seine wissenschaftlichen Schwerpunkte. Seine Laufbahn wurde wesentlich von diesen Nebenfächern geprägt, da sie ihm einen umfassenden wissenschaftlichen Hintergrund geben konnten.

"Die Beziehung zwischen Religionen und deren Verhältnis zum Staat sind in China anders als in Europa", erklärt Professor Seiwert sein Interesse an dem Land. "Bei uns hat man zum Beispiel nur eine Religion, sogar nur eine Konfession - in China kann man gleichzeitig Buddhist, Konfuzianer und Taoist sein und abwechselnd in die verschiedenen Tempel gehen." Dieser Umgang mit Religion habe ihn schon als Student fasziniert, sagt er.

Viel zu tun nach der Pensionierung

Seit 1994 war Hubert Seiwert Professor für Allgemeine und Vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Leipzig. Rückblickend sagt er: "Es hat sich vieles verändert in dieser Zeit. Anfangs haben wir die Universität wieder aufgebaut, dann kamen die ersten Stellenstreichungen und Kürzungen. Der größte Einschnitt waren sicher die neuen Studiengänge. Seitdem ist es für unsere Studierenden schwieriger geworden, weil sie nur noch ein Fach haben und dadurch die Kombination mit einer Sozial- oder Regionalwissenschaft wegfällt. Dabei sind Sprachkenntnisse essenziell für das Quellenstudium."

Der Universität wird Seiwert mit seiner Pensionierung nicht den Rücken kehren. Neben seinen Forschungsprojekten wird er auch weiter unterrichten und publizieren. "Es gibt noch zu viel, was ich in den letzten Jahren nicht machen konnte, weil ich keine Zeit hatte", stellt er fest.

Vielseitiges Engagement

An der Universität Leipzig hat sich Seiwert in vielen Gremien engagiert, unter anderem als Leiter des Graduiertenkollegs "Religiöser Nonkonformismus und kulturelle Dynamik" sowie im Rahmen der Exzellenzinitiative. Zu seinen Ämtern zählten die Mitgliedschaft in einem Fachkollegium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Vorsitz der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft; er war Vizepräsident der European Association for the Study of Religions. Zudem ist er Mitherausgeber zweier Fachzeitschriften. Mitte der 90er Jahre war er Mitglied einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages zum Umgang mit so genannten Sekten in Deutschland.

Die chinesischen Urkaiser: Kult und Propaganda

Zahlreiche Bücher hat er über die chinesischen Religionen geschrieben, viele Aspekte erforscht. In seinem nächsten Projekt - dem ersten nach seiner Pensionierung - widmet Seiwert sich dem Kult der mythischen Urkaiser. Sie gelten als Begründer der chinesischen Kultur, die im dritten Jahrtausend v. Chr. lebten und unter anderem die chinesische Schrift oder die Astronomie erfunden haben sollen. Ihre historische Existenz ist nicht wissenschaftlich gesichert, aber von der lokalen Bevölkerung werden sie wie Götter verehrt. Der Staat dagegen betrachtet den volksreligiösen Götterkult als Aberglaube. Gleichzeitig haben die Politiker jedoch erkannt, dass sich der Mythos für ihre Zwecke nutzen lässt, veranstalten sie selbst Kulturfeste zu Ehren der Urkaiser und lassen ihnen Tempel errichten. "Diese widersprüchlichen Interpretationen interessieren mich besonders", sagt der Religionswissenschaftler. "Der atheistische Staat fördert den Kult, indem er die Urkaiser als immaterielles Kulturerbe, als traditionelle Symbole für die chinesische Kultur umdeutet. So werden sie zu einem Instrument nationalistischer Propaganda, aber auch zu einer lukrativen Einnahmequelle für lokale Behörden, die an den Touristen, die die Kultstätten besuchen, gut verdienen."

Für sein Forschungsprojekt will Seiwert gemeinsam mit einer Doktorandin vor Ort untersuchen, wie verschiedene Sichtweisen auf die Urkaiser miteinander konkurrieren und wie Kult und staatliche Propaganda in der Praxis funktionieren. In einem zweiten Projekt beschäftigt er sich mit der Dynamik von Religionen und der Theorie kultureller Evolution.

Silvia Lauppe

Authors: Universität Leipzig

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