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Universität Leipzig: Nachrichten

Bereich: öffentliche Veranstaltungen, Personalia, Uni allgemeinSachgebiet: fachübergreifend

Geschichte und Ethik der Medizin im Fokus der Leibniz-Professur

 

Portrait von Prof. Florian StegerFoto: Diana Smikalla

Im Sommersemester 2014 ist Prof. Dr. Florian Steger von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Leibniz-Professor zu Gast an der Universität Leipzig. Der 39-jährige gebürtige Bayer studierte Klassische Philologie, Geschichte und Humanmedizin. Er ist Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin in Halle (Saale). Seine Forschungsgebiete setzen in der Antiken Medizin ein und reichen bis zu gegenwärtigen medizinethischen Fragekomplexen wie DDR-Unrecht und Pränataldiagnostik. In seiner Antrittsvorlesung am 11. Juni 2014 wird er das besondere Verhältnis von Künsten und Medizin thematisieren.

Zeit: 11.06.2014, 17:15 UhrOrt: Alter Senatssaal der Universität LeipzigRitterstraße 2604109 Leipzig

"Braucht die Medizin Künste, und brauchen Künste Medizin?" - mit dieser Umkehrfrage stellt sich der neue Leibniz-Professor Florian Steger einem breiten Publikum vor mit Einblicken in seine 10-jährige Forschungsarbeit, durch die er sich international einen Namen gemacht hat. Die Berührungspunkte sind mannigfaltig: Medizin ist selbst eine Kunst, ein Können. Literaten wie Schiller und Benn waren Ärzte. Die Medizin ist ein beliebtes Thema in der Malerei und umgekehrt wird Kunst als Therapie eingesetzt. "Auf beiden Seiten besteht eine große Sehnsucht, ein Bedürfnis", sagt Steger. "So geht es auch um Grenzfragen des Seins. Das tabuisierte Thema Krankheit kann über die Künste, also Literatur, Fernsehen, auch Theater direkt ins private Alltägliche transportiert werden. So geschieht ein Brückenschlag. Deshalb halte ich es für grundlegend, die Künste und mehr Humanität in der Medizinerausbildung zu verankern, wie es in den USA bereits etabliert ist."

Weißer Fleck DDR-Unrecht

Florian Steger wurde 1974 in Garmisch-Partenkirchen geboren und studierte Klassische Philologie, Geschichte und Humanmedizin in Würzburg und München. Seit 2011 leitet er an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg das Institut für Geschichte und Ethik der Medizin. Zuletzt sind von ihm ein Buch über Entdeckungen und Erfindungen sowie ein medizinhistorischer Stadtführer zu Halle erschienen. Sein Interessensspektrum geht jedoch wesentlich weiter. So arbeitet er aktuell an einer Veröffentlichung zum Umgang mit Frauen in der DDR, die nicht in das sozialistische Weltbild passten. Sie wurden gegen ihren Willen auf geschlossene Venerologische Stationen, welche sich in Polikliniken befanden, gebracht und unter dem Deckmantel der Geschlechtskrankheit zur Abschreckung vier bis sechs Wochen weggesperrt, körperlich und psychisch misshandelt, um dann wieder entlassen zu werden.

"Ich habe die Situation in Halle untersucht. Den Frauen ist ein solches Unrecht widerfahren, dass ethische Fragen im Raum stehen, wie Ärzte sich vom Staat zu solchen Grenzüberschreitungen instrumentalisieren lassen konnten. Den Betroffenen ist bis heute zum Teil keine Anerkennung widerfahren. Dahinter stand ein hochperfides System mit Schweigepflichterklärungen und Terrormethoden." Das Phänomen beschränke sich nicht auf die Stadt an der Saale. Auch in Erfurt, Gera, Rostock, Schwerin, Berlin, Dresden und in der Leipziger Klinik auf dem Thonberg habe es derartige Stationen gegeben, erklärt Steger und führt die Aktualität vor Augen. "Hier kann an der Schnittstelle von Geschichte und Ethik der Medizin Forschung betrieben werden, die auch politisch wichtig ist." Ähnlich wie die Arzneimittelstudien westlicher Pharmaunternehmen in der DDR unter Beteiligung der Universitätsklinika. "Die Themen sind hier so brisant, dass man danach greifen muss. Deshalb gilt es, in nächster Zeit Gelder für die dazu notwendige Forschung einzuwerben." Die Zeit seiner Leibniz-Professur möchte er unter anderem nutzen, Universitäts- und Bundesländer übergreifende Kooperationen auf den Weg zu bringen.

"In Halle-Jena-Leipzig sitzen viele kluge Leute"

Das mitteldeutsche Dreieck Halle-Jena-Leipzig hält Steger für ein Kraftfeld. "Ich habe in den vergangenen Jahren verstanden, wie wichtig es ist, sich im Drittmittelbereich und auch hochschulpolitisch zusammen zu tun, um uns, durchaus auch mit regionalen Themen, auf internationalem Niveau stärker nach vorn zu bringen. Deshalb ist die Leibniz-Professur ein schönes Zeichen von Leipzig an Halle. Ich verstehe sie als Sondierungsgelegenheit und möchte sie mit Leben ausfüllen." Medizingeschichte und Medizinethik eignen sich exzellent für die Verbundforschung, Beispiel Arzneimittelforschung - ein Thema, das alle drei Standorte, aber auch die Region als Ganzes betrifft. "Ein Stück DDR-Geschichte, an der die Medizin unmittelbar beteiligt war, das aber von der Aufarbeitung her noch absolut am Anfang steht. Wir sind gut beraten, wenn wir sie mit großem Nachdruck verfolgen. Quellentechnisch stellt sich die Lage nicht einfach dar. Es ist eine große Herausforderung, an die Studienunterlagen zu kommen."

Zur Leibniz-Professur

Die Professur erinnert an den in Leipzig geborenen Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, der von 1646 bis 1716 lebte. Sie wird zweimal jährlich besetzt und bringt renommierte Wissenschaftler an die Universität Leipzig, um das Forschungspotenzial und Lehrangebot zu bereichern. Indem die Professur an die Research Academy angegliedert ist, soll sie insbesondere Impulse für die Weiterbildung von Promovierenden geben. Prof. Steger wird unter anderem Angebote zu Karrierewegen an der Universität und zum Thema Bioethik einbringen.

Authors: Universität Leipzig

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